|  |  |  |  Joachim Zoepf – Geschmacksarbeit
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 langwellen für BassKlarinette und Computer Interfacekurzwellen für Sopransaxophon und Computer Interface
 I. kurzwellen No. 1    2'57''II. langwellen No. 7    5'31''
 III. kurzwellen No. 2    5'40''
 IV. langwellen No. 6    4'43''
 V. kurzwellen No. 3    2'13''
 VI. langwellen No. 5    2'55''
 VII. kurzwellen No. 4    5'34''
 VIII. langwellen No. 4    3'07''
 IX. kurzwellen No. 5    3'07''
 X. langwellen No. 3    6'27''
 XI. kurzwellen No. 6    3'37''
 XII. langwellen No. 2    2'58''
 XIII. kurzwellen No. 7    2'09''
 XIV. langwellen No. 1    2'32''
 Kompositionen und Improvisationen von Joachim Zoepf 2017/2018Limitierte Auflage von 100, jede CD ist nummeriert.
 recorded and mastered by Joachim Zoepfcover by Joachim Zoepf
 liner notes by Felix Klopotek
 translation by Mark Charig
 photo by Joachim Zoepf
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   Kritik »Geschmacksarbeit«, deutschKritik »Geschmacksarbeit«, englisch
 Kritik »Geschmacksarbeit«, französisch
 |  |  |   | Aus heutiger Sicht überrascht es, wie groß die Vorbehalte  gegenüber Improvisierter Musik waren, wie vehement der Sprung vom Jazz zum  Freien Jazz und weiter zur Improvisierten Musik entweder kleingeredet,  lächerlich gemacht oder gänzlich bestritten wurde – nicht zuletzt von den  Musikern selbst. Waren denn Coleman Hawkins und Lester Young nicht frei in dem,  was sie spielten? Sind sie in ihren besten Momenten nicht ihrer – und nur ihrer  – künstlerischen Berufung gefolgt? Und wie hätten sie diese anders finden  können, als durch die Kunst der Improvisation!Und ist denn der Charakter einer Improvisation nicht  wesentlich materialabhängig? Bezogen auf Klänge, auf die Strukturen, die man  bei der Klangorganisation voraussetzt – oder eben nicht? Kann man,  Improvisation einfach so auf eine Frage der Haltung reduzieren – auf die innere  Freiheit, das Streben nach künstlerischer Autonomie, das Beharren auf  Eigensinn? Gewiss ist dieser Sachverhalt, die Haltungsfrage, DAS konstitutive  Merkmale der Jazz-Geschichte. Aber ist die innere Freiheit – und das Ringen um  ihren Ausdruck – eines Coleman Hawkins wirklich »identisch« mit der Derek  Baileys? Oder Joachim Zoepfs?
 Ja, Improvisation ist eine Frage des Umgangs mit (Klang- und Spiel-)Material,  aber dieser Umgang speist sich aus einer künstlerischen Anstrengung – sich  nämlich nicht Diktaten von außen zu unterwerfen, sondern dem nachzuspüren, was  einem Autonomie, Selbstbestimmung, Entgrenzung, Aufbruch ins Unversicherbare  verheißen. Und umgekehrt: Erst der Umgang mit dem Material, der keine  materialfremden Restriktionen (Ein Saxofon hat so und nicht anders zu klingen!)  akzeptiert, erschließt überhaupt erst den künstlerischen Raum, den man  Autonomie nennt.
 »Geschmacksarbeit« ist die sechste Solo-CD von Joachim Zoepf. 1989 begann es  mit »Elements«, die Entwicklung über alle Brüche hinweg, ist beeindruckend,  denn Zoepf definiert sich nicht über Abgrenzungen (was viele Hörer wie Musiker  mit Radikalität verwechseln), sondern über die Vervielfältigung der  Möglichkeiten, freilich ohne sich in ihnen zu verlieren, was musikalisch auf  Eklektizismus hinausliefe. Zoepf verfolgt viele Ideen, weil er eine Idee hat.
 Die Kontinuität seiner Soloarbeiten ist vielleicht überdeckt worden, durch die  Gruppen und Duos, in denen er spielte und spielt: Zoepf gehört zu denjenigen,  die seit über 30 Jahren eine unprätentiöse oder uneitle Improvisierte Musik  spielen. Uneitel meint in diesem Zusammenhang eine Musik – oder, eine Haltung –  die sich nicht an Vorbildern orientiert (aber natürlich welche hat), die nicht  kommerziell orientiert ist (deren Protagonisten aber selbstverständlich  kulturpolitisch versiert für gesicherte Auftrittsmöglichkeiten streiten), die  jegliche Absprachen und Konventionen ablehnt, nein, besser: ihnen ihren  Anschein von Natürlichkeit und Über-Zeitlichkeit bestreitet (aber sich zur  Verbindlichkeit in der Zusammenarbeit bekennt). Ende der 80er und in den 90er  Jahren entstanden in Deutschland – eigentlich Europa-weit – neue Initiativen  und Arbeitsgemeinschaften für diese so strenge wie befreite  Improvisationsmusik, Zoepf war ein Motor dieser Bewegung. Veröffentlichungen  von Gruppen mit Joachim Zoepf waren deshalb immer ein Ereignis – von der frühen  Gruppe Lunx (CD-Veröffentlichung 1992) über Quathuor (2002 und 2004), das Quartett  mit Wolfgang Schliemann, Hans Schneider und Marc Charig, bis zur intensiven  (Duo-)Zusammenarbeit in den letzten Jahren mit Günter Christmann oder Alexander  Frangenheim (siehe die Beiträge auf Vario-50, »The Art of the Duo«, 2014).
 Daran gemessen mochten die Solo-Arbeiten wie eine Ergänzung erscheinen, Exkurse  zur Kollektivarbeit: Studien der Klangforschung, Skizzen von Spielhaltungen, die  neue Inhalte in die Kommunikation musikalischer Gruppenprozesse einbringen und  entfalten können. Was aber nicht bedeutet, dass seine Solo-Arbeit in einem  inferioren Verhältnis zu Kollektiverfahrungen steht, sowie uns Zoepf  andererseits auch nicht als im Glanze seiner Virtuosität sich spiegelnder  Solist entgegentritt, sondern auch seine Solo-Exkursionen sind soziale Praxis.  Sie sind eine permanente Befragung der musikalischen Wirklichkeit nach ihren  Möglichkeiten, anders hören zu lernen. Sie akzeptieren keinen Popanz. Man kann  daraus viel für den eigenen Weltumgang lernen.
 Dass er auf »Geschmacksarbeit« (wieder) elektronisch arbeitet, seine Saxofon-  und Bassklarinettenklänge digital spiegelt, verzerrt, überlagert, ablenkt, ist  in dieser Konsequenz zu verstehen. Er begreift das Computerprogramm weder als  Effektgerät noch als Bruch mit seiner bisherigen Spielpraxis. Es ist eine  Erweiterung, deren Resultate auf den ursprünglichen Spielprozess zurückwirken,  ihn revidieren, indem sie ihn bereichern. Man kann aus seinen Stücken viel  heraushören, sogar knarzende Swing-Partikel, die auf ewig durch seinen  Klangkosmos schweben werden, weil er nun mal in den 70er Jahren mit Jazz und  Free Jazz begonnen hat. Es gibt harte, stachelige Momente, wie sie nur auf dem  Sopransax gelingen und den langen Atem liegender Bassklarinettentöne. Konnte  man auf den ersten Solo-Veröffentlichungen noch ein Repertoire identifizieren –  eine Revue der Spieltechniken und Kompositionsideen, die Zoepf auch mal als  Catcher auftreten ließen –, spielen solche Identifikationen keine Rolle mehr.  Powerplay? Insektenforschung (die berüchtigte »britische Schule«)? Irgendwann  hat man so viel gespielt, dass diese Kategorien verblassen, an Aussagekraft  verlieren. Eine Frage des Weitermachens. Hierin erweist sich die Stärke der  Improvisierten Musik: Sie ist keine verrückte Maschine, die ständig noch nie  Gehörtes auszuspucken gezwungen ist, sondern sie ist eine Plattform für  unbeugsame Spiellust. In dem Moment, wo sich diese Spiellust entfesselt, ist  tatsächlich die gesamte Tradition anwesend, Zoepfs eigene Geschichte, die  ersten Soloalben von Evan Parker (um nur einen Meilenstein zu nennen) und  schließlich die großen Saxofonisten der Bigband-Ära. Und wir hören trotzdem nur  Joachim Zoepf.
   |   | From today‘s  point of view it is surprising how strong   reserve and distance were in the past towards Improvised Music. It was  either belittled, laughed off or completely rejected, not the least from the  musicians themselves.Were not Coleman Hawkins and Lester Young free in their playing? Were they not  in their best moments true to their artistic calling? How could this otherwise  have happened than through improvisation!
 But the character of an improvisation isn't it essentially  dependent on its musical material ? Related  to the sounds and structures by which the musical ideas are performed ? Could  improvisation simply be reduced to the question of attitude ? Characterized by  the struggle for inner freedom and autonomy, based on obstinacy, courage and  tenacity.   Certainly this question of  attitude is the one constitutive fact of Jazz history. But is the spiritual  freedom, the struggle for self expression of someone like Coleman Hawkins  really identical with that of Derek Bailey - or Joachim Zoepf?
 First, yes it is a question of how you deal with the materials (sound,  structure) but this way of playing also comes from artistic striving, not  accepting rules from outside, the exploration of what it means to be autonomous  and independent and to expand conscious horizons -  to venture into uncertain territory.
 Or conversely you can deal with the material in a way  that rejects restrictions, for example, that  a saxophone must sound or be played in this way and no other. This opens up the  artistic space for what is called autonomy.
 Joachim Zoepf`s sixth solo CD is called   “Geschmacksarbeit”. It all began in 1989 with “Elements” It is  impressive, the development is free from any stylistic preoccupation. Other  listeners and musicians alike might consider this radical but Zoepf does not  define himself through rejection, rather through an acceptance of many  possibilities without losing his own self. This could be considered eclectic.  Zoepf pursues many ideas at the same time he has one big idea.
 Because of his work with different  groups his solo work has tended to get a bit lost. Zoepf is one those musicians  who for 30 years have played an unpretentious form of improvised music.  In this case an unpretantious attitude means that we hear a music that is not  dependent on the copying of earlier models – though of course we all refer to  these earlier models.The protagonists are not commercially orientated at the  same time are well able to prevail in the social economic environment and to  organise concerts and recordings without deference to convention or compromise.
 At the end of the eighties and nineties  of the last century new initiatives and groups evolved in Germany and Europe as  a whole. Joachim Zoepf was a motor in this movement. New recordings from him  were always an event, from the early group “Lunx”(CD1992) to Quatuohr  (2002,2004) – the quartet with Wolfgang Schliemann, Hans Schneider and Mark  Charig to the intensive duo work with Günter Christmann or Alexander  Frangenheim (see Vario 50 “the art of the duo 2014)
 Contrasted to the duos the solo work might be seen as complementary, an  addition to the collective work - studies in sound exploration, sketches of  different attitudes of playing that may bring and unfold new topics in  group-playing.
 Over the years this perception may be seen as false or anyway as not belonging  because when one rejects hierarchy in music, as Zoepf does it is not for  moralistic reasons but because it hinders the music as a social exercise. Solo  playing then  is seen as not less  valuable than group activity. Because his solo work has become a genuine social  activity Zoepf has no need to unnecessarily flaunt his considerable virtuosity.  The explorations become a genuine social exercise. They are permanently  questioning the possibilities of musical reality and of listening in a  different way. They are succinct and without decoration. Through listening to  these recordings it would be even possible to learn something about our own way  of dealing with the world.
 In “Geschmacksarbeit” it is easy to  understand that he is working with electronics - a consistent move. The  saxophone and bass clarinet sounds are digitally mirrored, layered, distorted  and diverted. He does not use the computer program for effect or as a break  from his way of playing. It is an expansion whose results refer back to his  original concept the computer revises and enriches.
 You can hear many things - grinding bits of swing that float through his sound  cosmos that seem to refer to a beginning in Jazz and free jazz. There are hard  spiky moments that are only realisable on soprano sax and then the long, low  lying bass clarinet tones.
 One can identify a repertoire, a review  of composing ideas and playing techniques on the first solo recordings that  Zoepf demonstrates as  “catcher” Now  these play no roll. Powerplay? Insectlike exploration? (the famous English  school) At some point one has played so much that these categories lose all  meaning, this is the strength of improvised music. It is not some crazy machine  that is forced to spit out new ideas; it is a platform for serious fun! When  this joy of playing is unleashed the whole musical tradition is in there.  Zoepf`s own story – Evan Parker`s first solo album, the great saxophonists of  the Big Band era, but we hear in spite of it all only Joachim Zoepf:
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